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Von Kletzen und Hutzeln

Daniel Zaman

Die Kulturtechnik, Lebensmittel an der Luft oder in eigenen „Darrhütten“ zu trocknen, gilt als eine der älteste Konservierungsarten in der Menschheitsgeschichte.

Die Methode beruht dabei auf der Dehydration. Kurzum, dem Entzug von Wasser, um auf diesem Wege jenen Mikroorganismen die Lebensgrundlage zu entziehen, die andernfalls für den Verderb verantwortlich wären. Bei weniger als 35% Wassergehalt vermögen sich die meisten Bakterien und bei weniger als 15% auch die meisten Pilze nicht mehr zu vermehren.

Auf diese Weise lässt sich Fleisch und Fisch ebenso wie Obst über lange Zeiträume haltbar machen, ohne auf sie als Nahrungsquelle verzichten zu müssen.

In unseren Breiten kennt man getrocknete Birnen vor allem im Zusammenhang mit dem weihnachtlichen „Kletzenbrot“, für das eben Kletzen – mancherorts auch Hutzeln genannt – traditionell mit Nüssen und Brotteig in ein köstliches wie gehaltvolles Backwerk verwandelt werden.

Historisch belegt ist, dass die bäuerliche Tradition des „Piratura“, wie es damals genannt wurde, bis in vorchristliche Zeit zurückreicht und seither aufgrund seines hohen Fruchtzuckergehalts als wertvolle Energiequelle in der kalten und kargen Jahreszeit geschätzt wurde.

Zum anderen galt das Kletzenbrot oder Birnbrot, Birnweggen, Hutzenbrot, Hutzelbrot  – noch bevor es zur christlich-weihnachtliche Bäckerei wurde – auch als Fruchtbarkeitssymbol, das mit vielen, regional unterschiedlichen „heidnischen“ Bräuchen verbunden war.

So gingen beispielsweise die Bäuerinnen nach dem Kneten des Teiges hinaus, um mit ihren „teigigen“ Händen die Obstbäume zu umarmen, um auf diese Weise eine reiche Obsternte im nächsten Jahr zu erwirken.

Beim gemeinsamen „Kletzenbrotanschneiden“ wiederum kam ihm die Funktion eines Orakels zu. Eine glatte Schnittfläche versprach den Fortbestand der Beziehung, während eine raue Schnittfläche Übles vermuten ließ und weiterer Rituale bedurfte.

Auch dem Verschenken eines Kletzenbrotes kam eine besondere Bedeutung zu und galt als Verlobungsbrauch, als Akt der Versöhnung und Verfestigung nachbarschaftlicher Beziehungen. Oder als wertschätzende Abschiedsgabe für die bäuerlichen Dienstboten, die zu „Maria Lichtmess“ am 2. Februar freigestellt wurden und sich auf die Suche nach neuen Dienstgebern begeben mussten.

Das Kletzenbrot sollte kräftig und stark machen, als kultischer Segen die Gesundheit erhalten, Glück und Erfolg bescheren und auf diese Weise über das leibliche Wohl hinaus satt machen.