Barbara Höller – OR
Linien, Flächen, Farbe, Kontraste. In und mit ihren modularen Werksystemen und seriellen Rastern beweist Barbara Höller auf immer neue und überraschende Weise, dass sie es wie kaum ein/e andere/r Künstler:in beherrscht: Das spannungsvolle Spiel mit mathematischen Ordnungsprinzipien, optischen Wahrnehmungen und ästhetischen Minimalismen.
Womit wir auch schon beim Thema Spiel sind.
Jedes Spiel zeichnet sich dadurch aus, dass es ein striktes Regelwerk hat. Wer hingegen die Regeln missachtet, ist ein/e Spielverderber:in. Barbara Höller bedient sich beidem. Zum einen der Regelmäßigkeit, zum anderen aber auch der künstlerischen Freiheit, die Regeln geheim zu halten oder nur anzudeuten.
In ihrer Werkzusammenstellung OR kommt dies auf dreierlei Ebenen zu Ausdruck, indem sie auf die Aspekte eines Brettspiels Bezug nimmt: Das Spielfeld, die Spielfiguren und deren Zugbewegungen.
FAIR OR SQUARE
In dieser Arbeitsserie lassen sich Felder erahnen, die bloß durch ihre Ecken definiert sind und sich, zueinander verschoben, überlagern. Dadurch entstehen zwar Areale und Leitlinien, die als Spielbrett gedeutet werden könnten, sowie Wege und Kreuzungen, die zu Sprüngen von Spielfiguren einladen, schließlich aber doch jede endgültige räumliche Verortung zugunsten der Freiheit der Platzierung verweigern.
COMMON OR GARDEN besteht aus einem Satz simpler, einander gleichender quadratischer Kuben. Die monochromen gelben Körper sind jeweils mit einer Art Störung versehen, einer kontrastierenden dunklen Eckmarkierung, die sich bei identischer Ausrichtung zu einer Art statischen Behauptung zusammensetzen. Dennoch sind sie prinzipiell variabel und lassen sich- einem Satz von Spielsteinen gleich – drehen und in immer neue Konstellationen bringen. Welche Spielzüge aber sind erlaubt?
Diesen Aspekt greifen die Arbeiten der Werkgruppe FAKE OR TAPE auf und machen ihn zum Thema. Rein künstlerisch betrachtet spielt die breite Linie aus Papierklebeband mit der Täuschung, indem es die Grenze zwischen der Linie und dem Werk verwischt. Geht das Tape in den Bildkörper über? Oder ist es gar notwendig, das Werk zu fixieren?
Aus der Perspektive des Spiels wiederum deutet es die Richtung an, in welche die Spielfigur gezogen werden kann/darf und die sich je nach Drehung der Spielfigur ändert.
Das kulturanthropologische Modell des homo ludens – des spielenden Menschen – begreift diesen als Wesen, das seine kulturellen Fähigkeiten durch das Spiel entwickelt, seine Persönlichkeit entfaltet und im Spiel die Erfahrung wie Überschreitung äußerer Zwänge erfährt. In Barbara Höllers Arbeiten wird dies auf ganz besondere und künstlerisch eindrucksvolle Weise plastisch und erlebbar.